Mitten in der Nacht haben wir uns heute auf den Weg gemacht, um das ungarische Parlament zu besichtigen. Bereits um 9 Uhr schellte der Wecker und das am Sonntag. Kurz vor 10 haben wir uns dann aufgemacht und waren gegen 15 nach 10 vorm Parlament. Hier erwartete uns schon eine kleine Schlange. Diese wurde für uns umso länger, als wir merkten, wie sie sich leeren sollte: Einlass zum Kassenhäuschen X gab es nur einzeln. Jedesmal, wenn aus der Tür ein Tourist entkam, entließ der Wachmann die nächsten in ihr Abenteuer. Unter Beobachtung der wartenden Meute musste man dann über den halben Vorplatz latschen.
Geführte Touren werden in zahlreichen Sprachen angeboten. Und diese Sprachgruppen standen auch alle buntgemischt in der Schlange. Das System habe ich nicht ganz verstanden, zum einen wurden die Touren der verschiedenen Sprachen nur zu bestimmten Zeitpunkten angeboten, deutsch bspw. um 11 und 15 Uhr (Sonntags leider nur erstgenanntes - wir kommen hierauf noch zurück). Andererseits wurden die Tickets wüst durcheinander verkauft, da es ja nur eine Schlange gab. So konnte es vorkommen, dass man hinter Spaniern wartete, deren Führung aber erst eine Stunde später angesagt war.
Es kam wie es kommen musste, wir sahen Licht am Ende des Tunnels und hatten uns gut vorgerobbt. Allerdings wollte die Budapester Parlamentsleitung unsere positive Einstellung nicht teilen und es wurde der Ausverkauf der Tickets verkündet. Komischerweise auch gleich für alle Sprachen außer Ungarisch. Allerdings darf man an anderssprachigen Touren auch nicht teilnehmen - dies wird am Ausweis auch strengstens kontrolliert. So gab es wenigstens vor dem Parlament eine "europäische Vereinigung" der besonderen Art, denn alle waren vom gleichen Schicksal betroffen und berieten bzw. fragten quer durch die Nationen was los sei.
Soviel zu unserem Versuch, das ungarische Parlamentsgebäude zu besichtigen - morgen vielleicht ein zweiter Versuch. Stattdessen haben wir das Budapester Parlamentsviertel erkundet. Hinter dem Parlamentsgebäude gibt es noch zwei "weitere", jene Entwürfe, die im Ausschreibungsverfahren unterlegen waren (Platz zwei und drei) wurden hier verewigt. Budapest ist somit die einzige(?) Stadt, welche drei Parlamentsgebäude hat.
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Ebenfalls erwähnenswert und trotz (oder gerade wegen) seiner Schlichtheit hervorzuheben ist das Mahnmal für die von den ungarischen Pfeilkreuzlern (Nazis) hingerichteten Juden des Pester Ghettos am Donauufer. Hier finden sich metallene Schuhe der Juden, die hier am Kai stehend erschossen und in die Donau geworfen wurden.
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Weiter ging es über den Westbahnhof, ein vom Artichektenbüro Eiffel entworfenes und unleugbar von ihm stammendes Gebäude. Leider ist es nicht in der ganzen Pracht bewunderbar, da es u.a. von der hier aufsteigenden Ringstraße teilweise verdeckt wird.
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Sonntag ist Kirchentag und so ging es weiter zur Szent István bazilika (Stephansbasilika). Eine prachtvolle und imposante und die größte Kirche Budapests. Insgesamt drei Artichekten drückten dem Gebäude in über 54 Jahren Bauzeit ihren Stempel auf. Die Kuppel ist übrigens mit exakt 96 Metern genauso hoch wie die des Parlaments und erinnert, welch Wunder, an die Staatsgründung 896. Im Innern erwartete uns noch ein ganz besonderes Heiligtum, die Reliquie des Szent Jobb, die sog. Heilige Rechte des Königs Stephan I. Wenn man vor dem Schrein 100 Ft. in den Kasten wirft, dann wird dieser erleuchtet und man sieht: eine mumifizierte Hand.
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Zum Abschluss des Tages haben wir für religiösen Ausgleich gesorgt und die Große Synagoge besichtigt. Eine etwas eigentümliche Preisgetaltung, ungeführte Touren lohnen eigentlich gar nicht. Ab 1.600 Ft. (7,50 €) kommt man hinein. Ein Photo-Pass würde zusätzlich 500 Ft. (2 €) kosten und schon den Preis einer geführten Tour i.H.v. 1.900 Ft. (8,50 €) übersteigen, in dem der Photo-Pass schon inkl. ist. Von der Ausstattung her ist die Synagoge sehr ungewöhnlich, da sie eine Orgel besitzt - welche kurioserweise von Christen gespielt werden muss, da Juden am Sabbat nicht arbeiten dürfen. Im Hof der Synagoge befindet sich ein wunderschönes und wiederum gerade wegen ihrer Schlichtheit beeindruckendes Mahnmal an den Holocaust: Eine silberne Trauerweide, auf deren Blättern die Namen der während der Nazizeit ermordeten ungarischen Juden eingraviert sind.