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Der Elchtest Ihrer Scheinheiligkeit

Die gebückte Haltung, die Noch-Bundespräsident Christian Wulff seit einigen Wochen hat, ist nicht etwa der Demut geschuldet, die "man" nun vor sich hin trägt, sondern einem gellerschen körperlichen Delikt aus Zeiten seiner niedersächsischen Abgeordnetenzeit:

Ich leide physisch darunter, dass wir keinen unbefangenen Bundespräsidenten haben.

Die aktuellen Affären des Christian Wulff sind allesamt posttraumatisch entstanden. Man kann also davon ausgehen, dass Seine Scheinheiligkeit auch seinen eigenen (zumindest moralischen) Ansprüchen nicht gerecht geworden ist. Und deshalb kann König Christian I. auch kein Mitleid und keinen Respekt vor dem Amt erwarten - er hatte es selber nie gehabt. Wer mit der moralischen Keule schwingt, sollte sicher stellen, dass er selber "ein absolut reines Gewissen" hat, denn sonst geht die Haarprobe schnell nach hinten los. Oder wie F. W. Bernstein es einmal (ähnlich) formulierte:

Die schärfsten Kritiker der Elche sind später einmal selber welche.

Wenn Wulff nicht den Moralapostel gespielt hätte, würde wahrscheinlich heute kein Hahn mehr danach krähen und erst recht nicht weiter scharren. Politiker haben schon weitaus größere Affären ausgesessen und auch er hätte dies tun können. Die Messlatte hat er jedoch selber zu hoch gelegt, als dass er dies unbeschadet übersteht. Wulff kann hingegen nur sich selber schaden, wenn er weiter im Amt bleibt. Dem Amt des Bundespräsidenten schadet diese Debatte um Wulff jedoch nicht. Im Gegenteil "das Amt" kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, da unsere Demokratie eben nicht jeden Scheinheiligen kritiklos ein Amt aussitzen lässt - auch gerade dann, wenn eine Abwahl nicht möglich ist.

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