Nachdem Wolfgang Bosbach (CDU) auf die (unfreiwillige) Steilvorlage von Dieter Wiefelspütz (SPD) reagiert hat und die Ausweitung der Netzsperren in Aussicht gestellt hat, greifen nun die ersten die Aufforderung auf und wollen den Katalog mit Leben füllen: Thomas Strobl (CDU) auf abgeordnetenwatch:
In jedem Fall sollte aber meines Erachtens in der Debatte, welche Maßnahmen zur Gewaltprävention ergriffen werden, die von den Bundesministern von der Leyen und Schäuble vorgeschlagene Sperrung von kinderpornografischen Seiten im Internet mit Blick auf Killerspiele neu diskutiert werden.
Hey hast Du Deinem Bosbach nicht zugehört? Es soll doch "erstmal nur" um das Thema Kinderpornografie gehen, "damit die öffentliche Debatte nicht in eine Schieflage gerät." Dass in dem Kindergarten aber auch immer welche aus der Rolle fallen müssen und nicht das machen, was der Kindergärtner sagt. Der Bosbach denkt jetzt natürlich darüber nach, die Netzsperren auch auf CDU- und SPD-Politiker auszuweiten, damit die Interna nicht zum Ausdrucken in dem Internet bereitliegen.
(via Netzpolitik, stigma-videospiele, spon)
Update: Ist der Strobl eigentlich aus der CDU-Fraktion ausgetreten? Immerhin hatte er noch vor einem Jahr gefordert, dass sich die Bundesregierung dafür einsetzt das "Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit weltweit durchzusetzen und der Internetzensur entgegentreten." Ach, nee, das ging ja gegen die Bösen Chinesen, wenn wir das machen ist das natürlich was anderes. Ja, der Bosbach und die anderen Konsorten des großen Kartells, die schon fleißig über weitere Zensur nachdenken waren damals auch zufällig krank oder grad auf Bildungsurlaub in China... (Dank an Felix, der auch sonst einen guten Blogbeitrag zur Debatte auf eine FAZ-Anfrage gestellt hat.)
Update: Also von Zensur durch die Hintertür kann man bei der CDU nun wahrlich nicht mehr reden, die machen das mittlerweile ganz offensiv, nur die SPD ist zu blöd das zu merken. Aus der CDU-Pressemitteilung "Klare Kante für Zensur":
Unter Berufung auf eine angebliche Internetzensur durch den Staat wollten die Linksaußen in der SPD durchsetzen, dass das Internet zum rechtsfreien Raum wird. Die SPD wäre dadurch Gefahr gelaufen, Straftaten im Internet Vorschub zu leisten, von der Vergewaltigung und Erniedrigung kleiner Kinder bis hin zu Urheberrechtsverletzungen in breitestem Ausmaß gegenüber Künstlern und Kreativen.
Danke für die nächste Aufklärung! Da hat sich der Gorny nun endlich soweit Gehör verschafft und das der Union vorgeplappert, dass die das jetzt auch schon ungefragt auskotzen. Seitdem der Kohl da nicht mehr aufpasst und sich auf die vorlauten Hinterbänkler setzt, reden die endlich mal Tacheles... (via netzpolitik und fefe)
Update: Ach der Strobl ist übrigens gegen virtuelle Killerspiele, weil er Angst hat, dass die ihm die realen Killerspielchen Konkurrenz machen. Der feine Pinkel ist nämlich Mitglied in einer pflichtschlagenden Burschenschaft. Die simulieren das Töten nicht am Computer sondern lieber gleich mal am Menschen direkt.
Update: Nun bestätigt auch Zensursula, dass es nicht nur um KiPos geht, sondern umd den Aufbau einer Zensurinfrastruktur:
Mir geht es jetzt um den Kampf gegen die ungehinderte Verbreitung von Bildern vergewaltigter Kinder. (...) Doch wir werden weiter Diskussionen führen, wie wir Meinungsfreiheit, Demokratie und Menschenwürde im Internet im richtigen Maß erhalten. Sonst droht das großartige Internet ein rechtsfreier Chaosraum zu werden (...) (Hervorhebungen von mir)
Ach ja, der rechtsfreie Raum Internet darf natürlich nicht fehlen...
Update: Früher gabs ja mal sowas wie eine Trauerphase, in der man nicht noch weiter auf den dahingeblichenen einschlägt. Bei den Internetsperren gilt das offensichtlich nicht, das Gesetz ist noch nicht mal in Kraft und die Einschläge werden immer kürzer: Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) will jugendgefährdende Inhalte sperren lassen.
Update: Die Einschläge gehen munter weiter: Gert Weisskirchen, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion:
Eine Ausdehnung der Netzsperren auf andere Inhalte als Kinderpornographie sollte klug beachtet werden, z.B. um Antisemitismus besser zu bekämpfen.
Update: Oha, das Kanzleramt schaltet sich ein. Ganz wie die Chefin wird sich da nicht in Feinheiten verloren. Kanzleramtschef de Maizière will nun auch "die Menschen vor Denunziation, Entwürdigung oder unseriösen Geschäften schützen". Was nicht so alles möglich ist in diesem rechtsfreien Raum... (via)
Update: Jo Herrmann, Verbotsexperte der CSU, will nun auch Nazi-Seiten sperren lassen. (Achtung, Link führt zur Blöd!) Über die statistische Gefährlichkeit der Naziseitenzählung hat Jörg-Olaf Schäfers nebenan bei netzpolitik.org bereits gestern geschrieben.