Erika Steinbach ist wohl bereit auf einen Sitz in der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung zu verzichten. Allerdings will sie bzw. der Bund der Vertriebenen sich dies teuer bezahlen lassen. Im Gespräch sind sechs zusätzliche Sitze sowie die Unabhängigkeit der Benennung von der Bundesregierung. Außerdem scheint auch eine höhere finanzielle Ausstattung des Vereins im Forderungskatalog zu sein.
Es stellt sich jedoch die Frage, warum gerade der BdV mehr Sitze in dem Gremium haben sollte, schließlich ist er jetzt schon mit knapp einem Viertel (23% oder 3 von 13) der Sitze der größte Interessenverband in der Stiftung. Durch die Aufstockung auf 6 Mitglieder würde der Einfluss auf 37,5% steigen (6 von 16). Ob dies ihrer Rolle gerecht wird, ist fraglich. Zwar gibt es 15 Mio. "Vertriebene", der Verband steht allerdings höchstens für zwei Mio. (eigene Angabe, aber die scheint höchst fraglich zu sein). Lobbyverbände und Parteien nehmen für sich zwar gerne in Anspruch die komplette Klientel, wenn möglich das gesamte Volk, zu vertreten, die Legitimation dazu haben sie allerdings in der Regel nie. Von daher müsste der Einfluss des BdV in der Stiftung eher sinken als steigen.
Daran scheitert auch die höhere Zuwendung für den Verein Seitens des Bundes. Wäre der Verein tatsächlich der Vertreter aller Vertriebenen, so hätte er keine finanziellen Probleme, könnte er doch z.B. von allen mit nur 0,10-0,20 € Mitgliedsbeitrag im Jahr die staatlichen Subventionen mehr als ausgleichen.
Lediglich die politische Einflussnahme auf die Benennung der Mitglieder scheint eine akzeptable Forderung zu sein. Es stellt sich zwar die Frage, warum diese Forderung Frau Steinbach nicht bereits im Gesetzgebungsverfahren als Mitglied des Bundestages verfolgte, aber grundsätzlich ist es natürlich ein Unding, dass der Staat bzw. genauer der Bundestag oder die Bundesregierung ihre fettigen Finger in alle möglichen öffentlichen Ämter stecken. Das fängt bei der nach Parteifarbe berufenen Richtern in Karlsruhe an, geht über in die Verwaltungs- und Fernsehräte* der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten und endet schließlich bei Stiftungen und Vereinen.
Schaut man sich die Positionen der Frau Steinbach allerdings einmal an, dann kann man die Ressentiments gegen Frau Steinbach ganz gut verstehen und ist für den Ernennungsvorbehalt durch die Bundesregierung ganz dankbar. Aber hier stellt sich die Frage, ob eine Gesellschaft nicht mit einer Frau Steinbach leben muss und dafür lieber wirklich unabhängige Benennungen durch die gesellschaftlichen Gruppen zulässt. Die "Causa" Steinbach ist ja lediglich ein überraschend(?) früher politischer Ränkekrieg um die Einflussnahme in einem weiteren Gremium. Schaut man sich einmal die Besetzung durch die Exekutive und Legislative an, so wird auch hier schon deutlich, dass sich die politischen Machtverhältnisse auch im Stiftungsrat widerspiegeln sollen und so ist es natürlich auch über kurz oder lang bei den anderen Mitgliedern der Fall, dass diese zumindest einem bestimmten politischen "Dunstkreis" zugeordnet werden sollen/müssen.
Ich bin einmal gespannt, auf was das Geschacher um die Person Steinbach letztendlich hinausläuft. Eines hat es jetzt schon hervorgebracht: Eine Stiftung, die mit einer schweren Hypothek starten wird und diesen Makel wohl nie wieder verlieren wird. Eine drohende Totgeburt.
*) A propopopopos Fernsehrat: Wann setzt sich eigentlich Frau Steinbach für einen von der Politik unabhängigen ZDF Fernsehrat ein? Hier hat man von ihr als Mitglied in diesem Gremium in der Causa Brender recht wenig bis gar nichts gehört.
Update: Die Vertreibung von Frau Steinbach kostete drei zusätzliche Sitze, mehr Ausstellungsfläche und eine geänderte Ernennungsprozedur (der Bundestag anstatt die Bundesregierung muss - im Paket - bestätigen). Anstatt das Gremium ohne den BdV zu belassen, wenn er nicht will, hat man sich von einem Provinzverein erpressen lassen.
Update: Damit das "Gewicht" des BdV nicht allzu groß wird, wurde der Beirat gleich mal auf 21 Sitze aufgebläht.