Im Handelsblatt findet sich heute ein kleiner Artikel über das (bekannte) Phänomen der gefühlten Inflation, d.h. der subjektiv abweichenden Inflationsrate von der amtlich ermittelten: Gerade nach der Einführung des (T)Euro hatten viele den Eindruck, dass die Preise deutlich stärker gestiegen waren als es die amtliche Statistik weiß machen wollte. Alle Erklärungen und Beteuerungen zum Trotz konnte die Bevölkerung von Ihrem teilweise falschen Eindruck nicht abgehalten werden.
Das Problem liegt zum einen am Warenkorb, der für die Bestimmung der Teuerungsrate herangezogen wird. Hier sind "Waren" enthalten, die wir zwar "konsumieren", deren Preisentwicklung wir aber nicht täglich wahrnehmen und deren Preise sich nicht allzu häufig ändern: die Miete oder Versicherungen zum Beispiel. Außerdem sind dort auch Waren enthalten, die wir überhaupt nicht konsumieren (aber der durchschnittliche Bürger). Dies kann z.B. die Miete bei einem Hausbesitzer sein oder ein Wäschetrockner. Zum anderen sind da die Waren, die wir täglich kaufen und deren Preisentwicklung wir damit auch fast täglich beobachten. Das Verhältnis dieser Waren wird auch recht genau im Warenkorb wiedergespiegelt, allerdings halten wir subjektiv diesen Anteil für höher. Unser verfügbares subjektives Einkommen könnte man auch als Nettoeinkommen abzüglich aller fixen Kosten (Miete, Strom, ...) verstehen. Der Anteil der Waren des täglichen Bedarfs ist also "gefühlt" deutlich höher.
So kam es, dass nach der Euro-Einführung eine Kaufzurückhaltung für alle Waren in der Bevölkerung herrschte, die durch die gefühlte Inflation der täglichen Verbrauchsgüter hervorgerufen wurde, aber weder durch die amtliche Inflationsrate noch durch die Preissteigerung der langlebigen Gebrauchsgüter begründet war. Eine Lösung könnte nun sein, die Inflationsraten "getrennt" zu ermitteln und v.a. auch zu publizieren. Denn die Daten und Statistiken sind vorhanden, sie müssen nur an den Mann und an die Frau gebracht werden.
Das Phänomen der gefühlten Inflation lässt sich allerdings auch ausweiten. Der interessierte Leser kann hier ein kleines Experiment von Christian Rieck zur gefühlten Rendite nachlesen.