Nicole hatte uns auf dieses Projekt aufmerksam gemacht und war so nett, gleich für uns Karten für die Premiere in der Essener Lichtburg zu besorgen. Meiner Meinung nach eins der wenigen passenden Filmhäuser in Deutschland, die eines solchen Anlasses würdig sind. Und allen Unkenrufen im Voraus zum Trotz gab es sogar Sekt. :-)
Doch nun zum Film: Deutschland 09 besteht aus dreizehn Kurzfilmen verschiedener deutscher RegisseurInnen, in denen sie ein Statement zur Lage der Nation abgeben. Angelehnt ist das Projekt wohl an einem Vorläufer aus dem Jahr 1977, der Deutschland im Herbst hieß und sich mit der politischen Situation in Deutschland während der RAF-Zeit auseinandersetzte. Unter den Machern des aktuellen Projekts sind u.a. Tom Tykwer, Fatih Akin, Nicolette Krebitz und Dani Levy. So unterschiedlich wie die Regisseure, sind dann auch die Filme in ihren Themen und ihrer Gestaltung. Es ist schwierig sie alle zusammzufassen, aber im Gesamtblick würde ich von einer überaus gelungenen und spannenden Mischung sprechen. Meine persönlichen Highlights waren der Film von Fatih Akin über ein Interview mit Murat Kurnaz, "Gefährder" von Hans Weingartner und "Fraktur" von Hans Steinbichler. Was ich nicht so ganz verstanden habe, war warum die bei der Premiere anwesenden Regisseure nachher noch mal ins Rampenlicht gezerrt wurden, sich dann aber weder zu ihren Filmen äußerten noch für Fragen zur Verfügung standen. Dann hätte man sich die Selbstdarstellung auch sparen können.
Nichtsdestotrotz ein durchaus empfehlenswerter Film. Wer die Chance hat ihn zu sehen, sollte diese nutzen.
Nicht nur Nicole ist allem Anschein nach geteilter Meinung, auch die Kultur-Redaktion des Spiegel hat nicht wirklich Gefallen an Deutschland 09 gefunden (der Film wurde aber auch nicht zum "Gefallen" gemacht, sondern will ganz bewusst Diskussionen hervorrufen).
Maiks andere Meinung: So anders fällt meine Meinung diesmal aber nicht aus. Neben Spiegel hat sich nun auch die netzeitung zu diesem Kurzfilm-Potpourri geäußert. Leider scheint auch sie - wie der Spiegel - die Idee, die Intention des "Films" nicht verstanden zu haben. Sicher, die 13 Kurzfilme bauen thematisch nicht aufeinander auf, außer der Frage "Was bewegt Deutschland im Jahre 2009?" hatten sie nichts gemeinsam. Und das macht den "Film" auch etwas spröde, da man alle zehn Minuten aus einer Thematik herausgeworfen wird und sich in eine Neue hineindenken muss. Dies ist den Kritikern von Spiegel und netzeitung anscheinend nicht gelungen - dem Publikum bei der Premiere in der Lichtburg allerdings schon.
Und wie es in der deutschen (nur da?) Wirklichkeit auch ist, bewegen die Protagonisten nun mal Banalitäten, wie die Abschaffung der Frakturschrift in der FAZ, aber auch sehr aktuelle und zur Zeit gerade sehr wichtige Themen wie die Gefahr (Realität?) der Beseitigung ureigenster rechtsstaatlicher Prinzipien, wie der Unschuldsvermutung. Dank Vorratsdatenspeicherung und Bundestrojaner oder willkürlichen Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen entwickelt sich ein Klima des "Polizeistaats".
Zum Glück gibt es aber auch Kritiken, die "Deutschland 09" differenzierter sehen. Und die Frankfurter Rundschau fasst es am Ende meiner Meinung nach sehr treffend zusammen:
Ein grundsätzliches Missverständnis gegenüber dem Kurzfilm liegt diesem Programm zu Grunde. Nicht nur in Oberhausen, auf den meisten deutschen Spezialfestivals für kurze Filme könnte man mit verbundenen Augen bessere, aktuellere und kunstvollere Episodenfilme über die deutsche Wirklichkeit zusammenstellen.
Vielleicht regt aber "Deutschland 09" dazu an, diese anscheinend vorhandenen "besseren" Kurzfilme immer wieder mal zusammenzustellen und dem Kino- oder Fernsehpublikum näher zu bringen. Wünschenswert wäre es...