Schon lange nichts mehr über die FDP geschrieben. Zur Zeit betteln sie auch mal wieder drum. Eigentlich hätte es auch für mindestens drei Beiträge gereicht, aber der Reihe nach.
Grundsätzlich sollte es demokratischen Parteien möglich sein, sich untereinander zu unterhalten. Es muss dabei nicht zwingend zu Koalitionen kommen, aber versuchen sollte man es schon. Gespräche – auch völlig unverbindliche – von vornherein abzusagen oder nur unter sehr strengen Bedingungen zuzusagen, ist schon relativ befremdlich. Die ultimative Gesprächsaufforderung des "Wahlgewinners" FDP an SPD und Grüne gehört in diese befremdliche Kategorie. Mal abgesehen davon, dass die FDP nicht in der Position ist abenteuerliche Forderungen zu stellen, ist die Argumentation mehr als belustigend: Wer sich mit "Verfassungsgegnern" unterhalten will, kommt für eine Koalition – ja, nicht einmal für Gespräche – nicht in Frage.
Gut, die FDP mit ihrem Wolf im liberalen Pelz weiß, wovon sie spricht. Immerhin hat der "liberale"(?) Innenminister von NRW, Ingo Wolf, mehrmals vom Bundes- oder Landesverfassungsgericht auf die Fresse bekommen. Am peinlichsten für einen als liberal getarnten Innenminister dürfte hier die Verfassungswidrigkeit der heimlichen Onlinedurchsuchungen im NRW-Verfassungsschutzgesetz gewesen sein. In der Tat eines der "modernsten" Verfassungsschutzgesetze in Deutschland.
Aber auch die Bundes-FDP hat sich bei den Bürgerrechten und der Vereinbarkeit mit der Verfassung immer recht "liberal" gegeben, so etwa beim großen Lauschangriff oder der Aufweichung des Postgeheimnisses. Wer so massiv gegen die Verfassung verstößt, mit dem kann man wahrlich keine Koalition eingehen.
Dabei verwundert diese konsequente Haltung der "Liberalen" schon, haben sie doch sonst für eine Regierungsbeteiligung alle Prinzipien über Bord geworfen oder dies schon mal angekündigt. [Update: Und sind schon wieder eingeknickt.] Fatal an dieser plötzlichen Prinzipienreiterei ist, dass die FDP die SPD nahezu in eine Rot-Rot-Grüne Koalition drängt bzw. ihr die notwendige "Legitimation" verschafft.
Natürlich konnte Rot-Grün nicht auf das Ultimatum eingehen, exklusiv mit der FDP zu verhandeln. Die Position der FDP wäre nahezu erpresserisch stark geworden. Zumal Rot-Grün eine Gesprächsoption mit der Linken dann nicht mehr wirklich offengestanden hätte, denn dann wären die Linken in der selben Position gewesen, wie die FDP. Sich in eine Verhandlungsposition zu drängen in der es keine Alternativen gibt, wer macht das schon gerne freiwillig? [Update: Auch eine Hypothese: FDP fällt wieder um, wenn Neuwahlen drohen. Dann sind sie allerdings in einer schlechten Verhandlungsposition.]
Das Hickhack der FDP – ja wir sind offen für die Ampel, nee doch nicht, ja, aber... – bietet jetzt aber die ungewöhnliche Möglichkeit für die SPD von der aktiven Rolle im Umgang mit der Linken in eine passive zu wechseln: Lieber Wähler, liebe Bürger, wir wollten mit der FDP, aber uns blieb nichts anderes übrig, als mit der Linken zu koalieren...
Von daher sollte Frau Kraft der FDP sogar dankbar sein, den schwarzen Peter kann sie nun zur FDP schieben. [Update: Bei der Linken in NRW sind wohl zu viele Beton-Kommunisten in den Landtag eingezogen. Rot-Rot-Grün ist jedenfalls schon nach 5 Stunden Sondierung Geschichte. Wenn die von dem Kaliber sind, die ich noch aus Zeiten des StuPa kenne, als ich noch studierte... astreine Demokraten!]
Die FDP hat sich jedoch stärker an die CDU gekettet. Sie macht deutlich, dass sie andere Machtoptionen nicht hat und auch nicht ernsthaft in Betracht zieht. Wer ernsthaft die Linke in NRW von einer Regierungsbeteiligung fernhalten will, der muss genauso ernsthaft und ohne ultimative Erpressungen Gespräche mit dem politischen Gegner führen können.
Die FDP hat immer noch zu viel Oberwasser von der Bundestagswahl. Sie übersieht, dass sie nicht als eigenständige Alternative, sondern als Steigbügelhalter für Mutti und gegen eine Neuauflage des großen Kartells gewählt wurde. Bei der Landtagswahl in NRW hat sie von den Stimmenverlusten der CDU im Land nicht profitiert. Auch im Sog des desaströsen Starts der Bundesregierung, aber auch wegen mangelndem Profil in der Landespolitik wurde die Landesregierung kollektiv abgewählt.
Dabei glaubt die FDP und allen voran Westerwelle doch tatsächlich, dass sie wegen der versprochenen Steuersenkungen gewählt wurden. So umnachtet wird wohl kein Wähler gewesen sein. Und dennoch wird die Steuersenkungssau gebetsmühlenartig als running gag durch die Republik getrieben. Wahrscheinlich wird sie auch wieder vor den Karren gespannt, wenn der Schock der Wahlniederlage verdaut ist und Guido Westerwelle meint, er bräuchte mal wieder mediale Aufmerksamkeit.
Die FDP wurde im Sommer 2009 als korrektiv zur CDU gewählt. Sie sollte die Wahrung der Grundrechte achten, das bürgerliche Gewissen bilden. [Update: Und schon ist es auch hier wieder vorbei mit der liberalen Herrlichkeit.] Sie sollte der Garant sein, dass keine neuen Steuererhöhungen geplant werden. Sie sollte verhindern, dass im Rahmen der Konjunkturpakete Steuergelder verschwendet werden – immerhin propagierte die Mövenpickpartei immer, dass der Staat sich aus der Wirtschaft raushalten sollte. Wegen Steuersenkungen wurden sie nicht gewählt. Das weiß eigentlich jeder, nur müsste man es auch mal dem Guido verraten.