Leider nicht zum ersten Mal wurde die Arbeit von Journalisten durch die Staatsorgane und ihre Vertreter behindert. Auch bei den diesjährigem Castor-Transport war dies wieder massiv der Fall, so dass sich die dju sogar zu einer Protest-Pressemitteilung genötigt sah. Beispiele finden sich hier und hier und v.a. hier. Gerade wenn man sich das Vorgehen gegen die Metronauten ansieht, so ist es schon verwunderlich, dass solch ein massiver Eingriff in die Pressefreiheit medial verpufft ist. Sieht man mal von Blogs ab, wo ist der Aufschrei in der Holzpresse, in der ARD, im ZDF? Ich erwarte, dass ein Aufschrei durch die Presselandschaft geht. Jeden Tag in der Tagesschau und in heute, auf den Titelseiten von FAZ, Zeit, Süddeutsche,... müsste der Eingriff in die Pressefreiheit angeprangert werden, bis hier die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen wurden. Nicht nur aus Solidarität mit den Kollegen sondern auch aus Eigennutz und Eigenschutz. Nur ein embedded journalism hat kein Interesse an einer Aufklärung.
In diesem Monat wurde noch ein zweiter großer Anschlag auf den freien Journalismus bekannt: Der thüringische Verfassungsschutz hat Journalisten als inoffizielle Mitarbeiter missbraucht. Auch dies wird vom größten Teil der Journalisten und Medien anscheinend einfach so hingenommen. Hier besteht nicht nur die Gefahr für Journalisten, die in der rechten Szene recherchieren "enttarnt" und im schlimmsten Fall ermordet zu werden. Der Angriff setzt schon wesentlich früher und vermeintlich "harmloser" an. Der Journalismus steht durch die ungewollte - aber kaum kritisierte - Verquickung mit den Geheimdiensten vor einem Vertrauensproblem. Einem Vertrauensproblem v.a. gegenüber Informanten und Gesprächspartnern, aber auch gegenüber den Bürgern, ihren "Kunden". Nicht ohne Grund sieht unser Rechtsstaat bei bestimmten Vertretern - Ärzten, Anwälten, Pfarrern und eben Journalisten - einen besonderen Schutz vor staatlichen Eingriffen vor. Dies sind Organe der Demokratie, denen gegenüber der Bürger ein besonderes Vertrauensverhältnis haben soll und muss. Dieses Vertrauen ist durch den Missbrauch des thüringer Verfassungsschutzes nachhaltig beschädigt. Umso mehr, wenn dieser Missbrauch nicht thematisiert wird.
Die Verstöße gegen die freie Arbeit der Presse werden nicht thematisiert von einem Organ dieser Gesellschaft, das mit Presse, Funk und Fernsehen die sog. vierte Gewalt darstellt. Sie haben also - im Gegensatz zu vielen anderen Teilen der Gesellschaft - primären Zugang zur Öffentlichkeit. Und nutzen ihn nicht. Ich wiederhole mich nur ungern: Wegen dieser Presse würde heute niemand mehr auf die Straße gehen.
Update: Wenigstens das Medienmagazin Zapp im NDR berichtet: "Polizei gegen Presse: Zusammenstoß beim Castor." Erschreckend, das auch Fernsehteams von Tagesschau & Co. behindert wurden, darüber aber in den betreffenden Sendungen nichts bzw. kaum berichtet wurde. Frei nach dem Motto eines schwäbischen Liedes: "Holadihia, holadiho, holladihopsassa, `s isch halde so!"