Sie sind hier

Der griechische Gebrauchtwagen

Schlechtem Geld soll man kein gutes nachwerfen. Das ist ein eherner Grundsatz in der Wirtschaft und erst recht in der Finanzbranche. Dies gilt aber grundsätzlich für jedermann (und jederfrau), doch so einfach wie der Satz sich anhört, ist es oftmals nicht. Jede(r) wird wohl schon mindestens einmal vor dem Dilemma gestanden haben.

Bspw. bei einem Gebrauchtwagen, erst recht dann, wenn das Geld nicht so locker sitzt. Lohnt es sich für die Klapperkiste noch einmal neue Sommerreifen zu kaufen? Soll man diese oder jene (kleinere) Reparatur noch durchführen lassen? Oftmals gehen diese - auch kleine - Reparaturen dann schnell in den dreistelligen Euro-Bereich und übersteigen den - häufig allenfalls nur noch ideellen - Wert des Gebrauchten bei weitem.

Das Dilemma entsteht meist dann, wenn ein Neuwagen oder auch nur neuer solider Gebrauchter mangels solventer Masse nicht in Sicht ist. Dann werden lieber kleinere Reparaturen noch durchgeführt in der Hoffnung, dass das gute alt Stück noch eine Weile seinen Dienst tut. Die nächste kleinere Reparatur wird dann zähneknirschend nachgeschoben, man hat ja gerade erst einen größeren Betrag reingesteckt, das muss sich jetzt auch bezahlt machen. Hofft man. Ehe man es sich versieht, hat man dann doch den Wert eines besseren Gebrauchten (dessen Qualität man aber häufig auch nicht im Vorhinein kennt) in die alte Kiste reingesteckt. Gutes Geld dem schlechten nachgeworfen.

•••

Und so ist es auch nicht mehr verwunderlich, dass manche Selbständige sich bis über beide Ohren verschulden. Mehr als einmal gutes Geld dem schlechten Geschäft nachwerfen, dessen letzte Atemzüge eigentlich schon vor Monaten oder Jahren gehaucht wurden. Aus der Distanz eines unbeteiligten Dritten mag man nur den Kopf schütteln, aber mal ganz ehrlich, wer würde nicht - zumindest lange - überlegen, wenn es sein eigenes Geschäft wäre. Und nach den ersten nicht vorhandenen 10.000 Euro die man in das marode Geschäft gesteckt hat, sitzen die nächsten Tausender, die man auch nicht mehr hat, deutlich lockerer. Und so wird die Not immer größer und irgendwann hat man vermeintlich keine andere Wahl mehr, als dem schlechten Geld weiteres gutes nachzuwerfen. Was hat man schon noch zu verlieren?

•••

Von da aus ist es auch nicht mehr weit zur Bankenrettung. Die ersten 10 Milliarden für das Fass ohne Boden HRE tun noch weh, die nächsten Milliarden fließen dann schon ganz von alleine. Schließlich gilt es die erste Reparatur Investition zu sichern.

Und zu guter Letzt sind wir beim griechischen (irischen, portugiesischen oder spanischen) Gebrauchtwagen. Hier muss man sich auch die Frage stellen: Lohnt sich das überhaupt? Besser gesagt und nicht so sarkastisch: Was passiert im worst case, wenn die Milliardenhilfen nicht fruchten? Was ist/wäre, wenn die letzte große Reparatur in Form von Finanzhilfen den Karren nicht wieder ans Laufen bringt? Verzichten wir dann auf unsere Anfangsinvestition oder schieben wir die nächsten Reparaturen nach? Diese Konsequenzen sollte und muss man zwingend vorher durchspielen. Bei seinem eigenen Gebrauchten genauso wie bei der HRE oder Griechenland.

•••

Im Gegensatz zum Gebrauchtwagen haben die Beispiele des Selbständigen, der HRE und Griechenland jedoch noch einen entscheidenden Unterschied, der die Entscheidung allerdings nicht unbedingt einfacher macht. Im Gegensatz zum Gebrauchten, dessen Wert durch die Reparaturen i.d.R. nicht mehr (signifikant) gesteigert werden kann, kann es sein, - und das ist ja die große Hoffnung - dass im Geschäft, bei der HRE und in Griechenland die Kehrtwende eintritt und sich alles "zum guten" wendet.

Die Bankenrettung sowie die der GIPS-Staaten (Griechenland, Irland, Portugal, Spanien) hat jedoch noch einen weiteren Unterschied zum Selbständigen (und Gebrauchtwagen): Es ist nicht das eigene Geld, das hier für die Reparatur eingesetzt wird. Und erschwerend kommt hinzu, dass es im Gegensatz zum Gebrauchtwagen und zum Selbständigen noch schwerer fällt, die Reißleine zu ziehen, wenn die erste Investition in den Sand gesetzt wurde: Welcher Politiker möchte schon gerne als Versager und Steuergeldverschwender dastehen?

Bitte hier ankreuzen!: 
Maik Hetmank: