Ein Schäfer steht mutterseelenallein auf seiner Wiese und hütet seine Schafe. Plötzlich taucht in einer großen Staubwolke ein nagelneuer Cherokee Jeep auf und hält direkt neben ihm. Der Fahrer des Jeep, ein junger Mann in Brioni-Anzug, Cerrutti-Schuhen, Ray-Ban-Sonnenbrille und einer YSL-Krawatte, steigt aus und fragt ihn: "Wenn ich errate, wie viele Schafe Sie haben, bekomme ich dann eines?" Der Schäfer schaut den Mann an, dann seine friedlich grasenden Schafe und sagt ruhig: "Einverstanden."
Der junge Mann parkt den Jeep, verbindet sein Notebook mit dem Satelliten-Handy, geht im Internet auf eine NASA-Seite, scannt die Gegend mit Hilfe seines GPS-Satelliten-Navigationssystems, öffnet eine Datenbank und 60 Excel-Tabellen mit einer Unmenge Formeln. Schließlich druckt er einen 150-seitigen Bericht auf einem High-Tech-Minidrucker aus, dreht sich zu dem Schäfer um und sagt: "Sie haben exakt 1586 Schafe." Der Schäfer sagt: "Das ist richtig, suchen Sie sich ein Schaf aus." Der junge Mann nimmt ein Tier und lädt es in den Jeep ein.
Der Schäfer schaut ihm zu und sagt: "Wenn ich Ihren Beruf errate, geben Sie mir das Schaf dann zurück?" Der junge Mann antwortet: "Klar, warum nicht." Der Schäfer sagt: "Sie sind Unternehmensberater." "Das ist richtig, woher wissen Sie das?", will der junge Mann wissen. "Sehr einfach", sagt der Schäfer, "erstens kommen Sie hierher, obwohl Sie niemand gerufen hat, zweitens wollen Sie ein Schaf als Bezahlung dafür haben, dass Sie mir etwas sagen, was ich ohnehin schon weiß, und drittens haben Sie keine Ahnung von dem, was ich mache!
So, und jetzt will ich meinen Schäferhund zurück."
Der Schäfer heißt wohl zur Zeit Märklin...
Update 14.08.2008: Der Schäfer will seinen Schäferhund zurück.
Update 18.02.2009: Der Schäfer hat sich zu lange beraten lassen. Märklin ist pleite. Doch die Beratung Märklins hatte wohl System. Ein sehr interessantes Dossier über die "Sanierung" von Märklin findet sich bei der FTD. Und mittlerweile ermittelt auch die Staatsanwaltschaft im Fall Märklin und den "dubiosen Beraterhonoraren"
Update 04.03.2009: Hätte ich vor fast einem Jahr geahnt, welche Nachwehen es bei Märklin noch geben würde, ich häte den Artikel anders aufgezogen. Nun gibt es wieder mal etwas neues zu hören, diesmal ein erstaunlich selbstkritisches Interview mit Mathias Hink, Fondsmanager des Finanzinvestors und Märklin-Eigentümers Kingsbridge im Handelsblatt. Es ist schon fast ein erschütterndes Eingeständnis der eigenen Unfähigkeit:
Da wird zugegeben, 60 Mio. € (zusammen mit Goldman Sachs) in einen Laden investiert zu haben ohne überhaupt zu wissen, was einem erwartet. Man hat sich Berater geholt mit deren Beratungsleistung man nicht zufrieden war und ihnen Honorare (inkl. Erfolgs(!)honorare) in zweistelliger Millionenhöhe gezahlt. Richtig witzig wird es, wenn man weiß, für was Erfolgshonorare gezahlt wurden: für die Senkung des Working Capital, also jenem Kapital, mit dem eine Firma arbeiten kann. Nun das ist kein großes Kunststück, da brauchen sie nicht mal einen BWL-Studenten im zweiten Semester dransetzen.
Update 20.09.2009: Der Schäfer will Schadenersatz: Märklin-Investor Kingsbridge will Unternehmensberater Alix verklagen. Sie hätten Märklin vor der Übernahme zu rosig dargestellt und Kingsbridge hätte Märklin bei Kenntnis der wahren Lage nie gekauft. Nun wollen sie ihr komplettes Investment von 30 Mio. € einklagen. Ein Novum. Zumal bei Alix anscheinend noch bei weiteren Beratungen in der Kritik steht...
Update 14.12.2009: Gerade läuft beim wdr "die story - Märklin – Modell einer Pleite". Vielleicht gibt es die ja auch als Podcast. Money Quote:
Seitdem die Berater weg sind, schreibt Märklin wieder schwarze Zahlen.
Die Mitarbeiter kämpfen mit den kleinen Nieten, die großen Nieten sitzen in der Chefetage.
Update 22.07.2010: So langsam geht die Story zu Ende. Nach über zwei Jahren. Märklin ist tief in den schwarzen Zahlen. Somit sind die Aussagen vom letzten Update bestätigt. Und nun will man sogar ohne Investor aus der Insolvenz raus. Das ist sehr ungewöhnlich.
Update 22.12.2010: Die Gläubiger haben dem Insolvenzplan (ohne Verkauf/Investor) zugestimmt. Märklin ist zurück in der Spur.