Letzter Tag in Belfast, morgen geht's ab nach Cork in die Republik. Heute Vormittag haben wir erst mal etwas Freizeitbespaßung der Eingeborenen beigewohnt. Wir waren im W5 im Odyssey Centre. Das W5 (Who, What, Where, When, Why) ist eine Wissenschafts-"Ausstellung", in der der Mitmachcharakter groß geschrieben wird. Hier wird (Natur-)Wissenschaft kleinen und großen Kindern näher gebracht. Neben den Exponaten gibt es auch zahlreiche weitere wechselnde Aktionen. Wenn die vielen Kinder (little bastards) nicht die ganzen Exponate besetzen würden, hätte ich es recht toll gefunden.
Danach ging es nochmal zur Peace Wall hinaus. Nachdem wir gestern bereits in Derry das Zusammentreffen der Unionisten mit den Republikanern sehr eindrucksvoll zu sehen bekamen, wollten wir uns das auch hier in Belfast noch einmal aus der Nähe betrachten. Im Westen der City prallen hier die Gegensätze aufeinander. Zunächst gingen wir die Shankill Road entlang durch tiefstes protestantisches Gebiet. Dann bogen wir links in die Conway Street ein und kamen in ein protestantisches Wohngebiet. Da sah es im Prinzip fast geauso aus, wie man es von vielen britischen Wohngegenden her kennt. Einzig die hohe Umzäunung und manchmal auch Einmauerung der Einfamilienhäuser deutete auf eine etwas ungemütliche Gegend hin. Je weiter wir gingen desto näher kamen wir der Peace Wall und desto bedrohlicher wirkte die Wohngegend.
Diese protestantische Wohngegend prallt dann auf eine etwa 7 m hohe Mauer hinter der die katholischen Wohngegenden liegen. Für mich als gelernten Ostdeutschen ist dies schon beeindruckend und bedrückend gewesen. Ich habe 14 Jahre vor oder hinter (je nach Sichtweise) einer Mauer gelebt. Wie man sich dann freiwillig einmauern lassen kann, will mir nicht ganz in den Kopf. Nun einen wesentlichen Unterschied zu Berlin gibt es auch: Die Berliner Mauer sollte laut Erich noch in hundert Jahren stehen und hat es am Ende auf etwa 28 Jahre geschafft. Die Peace Walls sollten nur temporär errichtet werden und keinesfalls eine zweite Berliner Mauer werden. Nun das ist sie auch nicht, sie steht immer noch.
Wir sind dann entlang dieser Mauer gegangen und noch ein Stück weiter durch ein Tor in das katholische Gebiet. An diesen Stellen ist die Mauer mittlerweile zum Glück durchlässig. Hier haben wir dann die andere Seite der "Propaganda" und Murals gesehen. und natürlich auch hier eingezäunte und eingemauerte Häuser und auch ein Kindergarten, was ich besonders erschreckend fand. Die können nun wirklich am wenigsten für den Zwist ihrer Eltern.
Dieser Kontrast findet sich direkt am Zentrum von Belfast. Zwischen Zentrum und Universitätsviertel bekommt man hiervon allerdings (und zum Glück) recht wenig mit. Hier ist mittlerweile ein großes Stück Normalität zurückgekehrt. In ein paar Straßen oder an eiigen Gebäuden sieht man zwar, meist durch Beflaggung kenntlich gemachte Zugehörigkeit zu einer der beiden Gruppen, das hält sich aber ansonsten in Grenzen. Im Westen ist dies dann schon anders und hier prallen die Gegensätze aufeinander.
Und auch nun wieder einmal der Kontrast, aber auch das muss sein: Der darktiger-Stiftung-Cider-Test. Tanja wollte heute unbedingt einmal ein Kopparberg mit Erdbeer Flavour haben. Das Zeug ist zwar aus Schweden, aber so genau nehme ich das zumindest hier in Belfast nicht, denn hier bekommt man ja nichts irisches außer Magners. Zumindest die Sorte mit Erdbeer ist eine Puffbrause wie sie im Buche steht. Eklig süß und dieser künstliche Erdbeergeschmack, der alles übertüncht. Ich kann mich noch an Berliner Jugendsünden mit Kellergeister und Himmliches Tröpfchen erinnern. Der Liter für 1,99 (DM!) aus dem Konsum von nebenan. So schmeckte das auch.
So weit für heute, ab morgen melden wir uns dann aus Cork. Ich muss jetzt noch schnell "going to shake hands with the unemployed."
Nachtrag: Das habe ich ja ganz vergessen zu erwähnen. Ich wollte ja unbedingt noch etwas Kultur machen hier in Belfast. Und was ist da besser geeignet als die Oper. Zumal ein Stück über George Best gezeigt wird. Tja, was soll ich Euch sagen, Tanja, die Kunstbanausin, war natürlich trotz Flehens und Bettelns nicht dazu zu bewegen in diese sicherlich äußerst ansprechende Darbietung zu gehen. Ich bitte vielmals um Entschuldigung, dass Euch dieses kulturelle Highlight vorenthalten bleibt.