Die Mär vom Homo Oeconomicus im klassischen Sinne hat sich zumindest in der VWL in jüngerer Zeit gewandelt. Schon länger gibt es die Einsicht, dass der Mensch nicht der "grausam" rationale Nutzenmaximierer ist. Das Handelsblatt berichtet aktuell über eine Forderung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) aus Berlin, die eine Umkehr in der Verbraucherschutzpolitik fordern. Insbesondere geht es den Ökonomen um Informationsdefizite der Verbraucher und dem daraus drohendem Marktversagen. Ob dies jedoch eine Kritik am Homo Oeconomicus und dem "mündigen Verbraucher" darstellt, bleibt fraglich.
Das Informationsproblem kann dabei zweierlei sein: Zum einen kann die i.d.R. unproblematische unvollständige Information vorliegen. Dies bedeutet, dass die (alle!) Marktteilnehmer nicht über alle relevanten Informationen verfügen. Da dies symmetrisch auf beiden Seiten vorherrscht, ist dies jedoch unproblematischer als wenn eine Marktseite besser informiert ist. Dann spricht der Ökonom von unvollkommener Information. Im Handelsblatt-Artikel ist z.B. der Bankberater besser über seine Provisionen (=Verkaufsanreize) und die Marktchancen der Finanzprodukte informiert als der Bankkunde. Diese asymmetrische Information führt dann jedoch häufig zu einem Marktversagen.
Deshalb jedoch vom "unmündigen Verbraucher" zu schreiben, geht allerdings etwas zu weit. Da der Verbraucher mündig ist, reagiert er ja gerade auf die Informationsdefizite gegenüber den Verkäufern und verweigert den Kauf z.B. von Altersvorsorgeprodukten. Es ist nun an der Finanzbranche und der Politik fehlendes Vertrauen (Information) zurückzugeben und damit dem mündigen Verbraucher zu signalisieren, dass er die fraglichen Produkte wieder bedenkenlos nachfragen kann.