Die Wahl ist gelaufen und wie es aussieht reicht es für die Kanzlerin für eine zweite Amtszeit. Allerdings nicht aus eigener Kraft sondern nur durch die Hilfe der FDP, diese bügelte die (leichten) Verluste der Amtsinhaberin mehr als aus. Bei der Nachwahlanalyse der Parteien hätte ich auch dieses mal wieder die Reaktionen hervorsagen können.
Die Union holt ihr zweitschlechtestes Ergebnis in der Nachkriegsgeschichte, nur vor 60 Jahren wurde ein noch schlechteres Ergebnis eingefahren. Lag es vielleicht an dem inhaltslosen Wahlkampf? Nein, mit Inhalten wäre es noch schlechter gelaufen. Weiter so!
Noch peinlicher war eigentlich nur noch die SPD. Die SPD verliert über 10%-Punkte, soviel wie keine andere Partei und holt ihr schlechtestes Ergebnis in der Geschichte der Bundesrepublik. Und da treten Steini und Münte breit grinsend vor die jubelnde Menge und beklatschen sich gegenseitig für das grandiose Wahlergebnis. Mir wäre angesichts solcher Zahlen eher nach heulen zumute gewesen (also wenn ich mich mal in die Lage eines SPD-Anhängers versetze). Der Jubel wurde noch größer, als Steini verkündete Oppositionschef zu werden, Steini-2 (Steinbrück) hat das gleich als richtig bewertet, der Kontinuität wegen. Richtig! Weiter so! Die 55-Hürde fest im Blick. Früher wurde ein Kanzlerkandidat mit so einem Ergebnis gesteinigt, wenn er nicht noch am Wahlabend seinen Rücktritt bekundet hätte. Weiter so!
Ebenfalls historisch (für die Anhänger im positiven Sinne) waren die Ergebnisse der drei "kleineren" Parteien. Alle haben ihr bisher bestes Ergebnis bei Bundestagswahlen eingefahren und sind zweistellig geworden. Aus Sicht der Union ist das gute Abschneiden der FDP sicherlich bedenklich, immerhin hat die FDP fast die Hälfte der Stimmen der CDU/CSU erhalten. Aus Sicht der SPD ist jedoch der Erfolg der USPD Linken. Sie ist keine regionale Ost-Partei mehr, sondern auch im Westen mit ca. 10% als etablierter Faktor angekommen. Die Stärke der Linken ist jedoch die Schwäche der SPD bzw. auf ihrer (aus SPD-Wählersicht) falschen Politikentscheidungen zurückzuführen. Die SPD ist mit ihrem Experiment gescheitert sich schwarz-gelb anzumalen. Egal. Weiter so! Spannend wird nun, wie sich die SPD bei den Koaltionsverhandlungen in Thüringen, Saarland und Brandenburg verhält, immerhin kann sie hier ihre Macht im Bundesrat wieder ausbauen.
Besonders dramatisch für die SPD wird die Lage, wenn man sich die Wahlkreiskarte anschaut. Diese ist fast durchgängig schwarz und selbst im roten Brandenburg, das Platzeck wieder gewonnen hat, ist die Linke vor der SPD und hat einige Wahlkreise gewonnen. Die Linke gewinnt im Osten so viel Wahlkreise wie nie zuvor.
Im Norden das gleiche Bild. Die CDU verliert bei der Landtagswahl fast 10%, aber sie hat ihr Wahlziel erreicht. Toll! Weiter so! Das sind noch Wahlziele, 10%-Punkte verlieren. Störenfried Stegler toppt aber das Ergebnis der CDU noch und kratzt an 15 Minuspunkten.
Es gab noch einen Überraschungserfolg bei dieser Bundestagswahl: Die Piraten schafften aus dem Stand knapp 2%. Das klingt auf dem ersten Blick nach nicht viel, aber dies ist immerhin mehr, als die Grünen bei ihrem ersten Antritt geschafft hatten. Bedenklich aus Sicht der beiden "Volksparteien" sollte jedoch sein, dass immerhin 13% der männlichen Erstwähler bzw. 9% der 18-24-Jährigen ihre Stimme den Piraten schenkten. Immerhin die Wählergruppe, die den Wählernachwuchs darstellt. Wie ich schon nach der Europawahl feststellte sterben den Volksparteien die Wähler weg und dieses Phänomen hat sich bei dieser Bundestagswahl noch verstärkt.
(Quelle: ZDF/Forschungsgruppe Wahlen)
Gerade bei dieser Gruppe fehlt den Volksparteien Substanz und hier haben sie viel Vertrauen verspielt. 10% mehr in dieser Altersgruppe täten CDU und SPD ganz gut, um ihren Status als "Volkspartei" auch durch die nötigen Wählerstimmen zu legitimieren. Aber stattdessen wird Rentner-Klientel-Politik gemacht. Weiter so!
Zu guter letzt stimmt natürlich auch die historisch niedrige Wahlbeteiligung nachdenklich. Die große Koalition hat es geschafft immerhin 28% der wahlberechtigten Bevölkerung ins Koma zu regieren. Die Nichtwähler stellen mittlerweile die größte Partei. Na dann, weiter so!