Neue Technik ist ja immer so eine Sache. Damit sind viele Innovationen möglich, aber die Tücken liegen oft im Detail. Den Trend zu diesen "Touch"-Wänden im TV (Wie nennt man die eigentlich richtig?) verstehe ich allerdings nicht. Eine wirkliche Innovation ist nicht erkennbar, die Tücken sind jedoch dauerhaft. Am meisten kann einem Theo Koll im ZDF leid tun. Erst vom Frontal-Frontmann zum Herr der Zahlen degradiert und nun muss er auch seit ein paar Monaten vor dieser Touch-Leinwand rumhampeln.
Warum kann man dem armen Theo nicht einen Knopf zum weiterdrücken geben? Was soll dieses pseudo-innovative Leinwand getouche? Vor allem wo es nicht einmal nötig wäre. Die Balken werden schön nacheinander hochgefahren, es gibt quasi nicht ein Schaubild, auf denen Theo (oder sonst jemand, auch bei anderen Sendungen und anderen Sendern) mal irgendwas interaktiv und nicht in einer vorgegebenen Reihenfolge präsentieren müsste.
Stattdessen sieht man Theo an der Technik verzweifeln. Mal muss er inständig gegen die Leinwand hämmern, da seine Gesten wohl nicht korrekt erkannt werden und dieser blöde Balken einfach nicht erscheinen will. Dann muss er für mögliche Koalitionen die Fraktionen aus dem virtuellen Parlament virtuell neu zusammenschieben. Bei soviel Virtualität hakelts dann mal und der Theo guckt unvirtuell hilflos in die Kamera.
Und schließlich muss Theo bei der Präsentation der Sonntagsfragen / Prognosen / Hochrechnungen / was auch immer ständig vor die Leinwand und wieder zurückflitzen. Auf jeden Balken muss er hämmern, damit sich dieser wieder entfaltet. Denk dran Theo, hört man es aus der Regie sagen, mach den Blick auf die Kamera frei. Und so hetzt Theo von links nach rechts, getrieben vom touchen, Zahlen sagen und freien Blick auf die Leinwand herstellen. (Wer noch nicht das Vergnügen hatte, nächsten Sonntag zu den Landtagswahlen in BW und RLP ab 18 Uhr ZDF einschalten.)
Bei dem ganzen anstrengenden virtuellen Getouche fällt Theo (und dem Rest im ZDF-Altenheim) dann nicht mal auf, wenn er (wiederholt) Schwachsinn verbreitet. Bei den Prognosen/Hochrechnungen zur Landtagswahl in Sachsen-Anhalt z.B. verzapfte Theo mehrmals, dass die Gewinne der NPD daran liegen, dass sie bei der letzten Wahl nicht im Landtag vertreten waren (Bsp. bei YouTube, ab min. 1:00). Das ist so richtig, wie falsch. Bei der letzten Wahl war die NPD nicht im Landtag vertreten, weil sie überhaupt nicht angetreten war. Und so mussten naturgemäß die Gewinne mit den Stimmenanteilen übereinstimmen.
Die Gewinne der Grünen waren jedoch nicht so hoch wie ihr Stimmenanteil, obwohl sie bei der letzten Wahl auch nicht im Landtag vertreten waren. Weder Theo, noch der ebenso geistreichen Bettina Schausten (und Vorgängerin von Theos Zahlen) fiel der Fauxpas auf, geschweige der - angesichts der Virtualität - in Trance befindenden Regie.
Liebes ZDF, liebe anderen nach virtuellen Pseudo-Innovationen strebenden Fernsehanstalten, könnt ihr mal wieder mehr Wert auf die Inhalte legen und diesen Technik-Quatsch, mit dem ihr eh nicht umgehen könnt, lassen? Könnt ihr wieder mehr in Journalismus? Ach was, das ist virtuelles Wunschdenken...
Update, 02.04.2011: Der Touchscreen war auch Thema in der heute Show bei der Verleihung des Goldenen Vollpfostens für beste Special Effects (ab min. 4:50)