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Eine Flatrate ist halt auch nur eine Versicherung

In letzter Zeit wurden einigen Kunden ihre Flatrates von verschiedenen Anbietern gekündigt. So z.B. von E-Plus die BASE Internetflatrate, Telekoms Ableger Congstar oder Arcors International Flat. Den Hintergrund will ich hier gar nicht aufwärmen, den können Sie in obigen Links nachlesen. So neu ist das "Flatrate-Sterben" nun aber auch nicht, vor ca. 8 Jahren gab es schon mal eine Welle.

So ärgerlich das Vorgehen der Provider für ihre Kunden auch sein mag, erstaunlich ist es nicht. Wir haben es hier mit einem klassischen Marktversagen aufgrund aymmetrischer Information zu tun - wie es in den besten Famillien vorkommt, so z.B. dem Versicherungsmarkt. Und eine Flatrate ist im Grunde auch nichts anderes als eine Versicherung - eine Versicherung gegen hohe Internet- oder Telefongebühren.

Die Parallele zum klassischen Versicherungsmarkt liegt nun in der Verhaltensänderung der (einiger) Kunden nach Vertrafsabschluss. D.h. sie lassen nicht mehr die gleiche Sorgfalt (Nutzungsverhalten) walten wie ohne Flatrate-Vertrag. Es handelt sich also um asymmetrische Information nach Vertragsabschluss und man kann dieses auch als moral hazard Problem (moralisches Risiko) umschreiben.

Das Verhalten der Kunden gegenüber dem Vertragspartner ist aber gar nicht "verwerflich" sondern ganz rational. Wenn ich ein Rundum-Sorglospaket erhalte, dann werde ich es auch nutzen. Mit einer Flatrate werden aus Firmensicht die falschen Anreize gesetzt und so braucht man sich auch nicht wundern, dass diese Anreize eine Verhaltensänderung hervorrufen, die so vor Vertragsabschluss nicht beobachtet werden konnte.

Das Problem an der ganzen Sache ist nun, dass wenn hinreichend viele Kunden ihr Verhalten ändern, also den (An)Reizen erliegen, ändert sich die Kostensituation für die Unternehmen - sie haben falsch kalkuliert. Im Versicherungsjargon: Es treten mehr und/oder höhere Schäden auf, als der sonstige Durchschnitt, der ohne Vertrag aufgetreten war und beobachtet werden konnte.

Eine Möglichkeit ist nun, die Preise zu erhöhen, dies würde aber einem Nachfragerückgang sowohl der Normal- als auch der Vielnutzer hervorrufen. Der Anbieter würde vom Markt verschwinden. Würden hingegen alle Anbieter ihre Preise erhöhen, würden zumindest die Normalnutzer (die Wenignutzer natürlich erst recht) das Angebot einer Flatrate nicht mehr nutzen wollen. Die Kostensituation für die Firmen verbessert sich also trotzdem nicht, da nur noch die Vielnutzer, die ja schon vorher für das Problem verantwortlich waren eine Flatrate nachfragen. Die Preise müssten also weiter erhöht werden, womit sich das Angebot für immer weniger Nutzer lohnt. Der Markt bricht zusammen und wir haben ein klassisches Marktversagen.

Wie kann dem Problem entgegnet werden? Auch hier hilft ein Blick auf den schon angesprochenen Versicherungsmarkt: Anreizverträge. Die Verträge müssen so ausgestaltet werden, dass der Kunde einen Anreiz hat sich so "sorgfältig" zu verhalten wie ohne Vertrag. Denken wir doch nur einmal an die Schadensfreiheitsrabatte oder Beitragsrückgewähr in Versicherungsverträgen, sie geben mir einen Anreiz mich eben gerade so zu Verhalten, dass möglichst kein Schaden auftritt, damit ich einen Teil der Beiträge zurück erhalte oder diese nicht steigen.

Ähnliches ließe sich auch bei Flatrates einführen und wird auch gemacht. Die Beitargsrückerstattung / -erhöhung ist hier nur indirekt: Es wird eine Drosselung der Datenrate bei "Übernutzung" durchgeführt. Die Telekommunikationsbranche wird also wohl oder übel ihr Preissystem überdenken müssen. Nur sollten sie dies für den Kunden transparent machen und objektive Kriterien zugrunde legen. Genauso wie von den Kunden "ehrliches" Verhalten gefordert wird, sollte dies auch von der anderen Vertragsseite getan werden. Und darüberhinaus gilt selbstverständlich auch für Telekommunikationsanbieter erst einmal der Grundsatz: "Pacta sunt servanda".

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Maik Hetmank: