Amazon hat gerade seinen Händlern offenbart, dass sie demnächst nirgends billiger anbieten dürfen als bei Amazon selbst. Ich prophezeie schon einmal, dass diese Regelung vor Gericht verhandelt wird. Grundsätzlich besteht natürlich Vertragsfreiheit. Die Verkaufsplattform "darktiger.org" könnte z.B. auch verlangen, dass die Produkte mindestens 10% billiger angeboten werden müssen als in anderen Online-Shops. Es wird ja niemand gezwungen auf "darktiger.org" seine Produkte anzubieten - wahrscheinlich würde dies auch niemand tun.
Amazon ist nun aber keine Hinterhof-Verkaufsplattform, sondern (zusammen mit eBay) wahrscheinlich der Branchenprimus. Es wäre somit zu klären, ob Amazon eine marktbeherrschende Stellung hat - und diese missbraucht. Was sich nämlich auf den ersten Blick etwas harmlos anhört, kann zu einer Konzentration im Onlineverkauf führen: Amazon ist sicherlich für viele Käufer die Hauptanlaufstelle bei der Preisrecherche. Bis jetzt konnte - wer wollte - noch einmal bei den Online-Shops nachschauen, ob der Händler dort die Kosteneinsparung an den Kunden weitergibt. Dieser Weg wird den potentiellen Käufern nun erspart. Der Händler hat aber oft nicht die Wahl, ist er auf Amazon und eBay nicht präsent, ist er für viele nicht existent. Die Folge könnte somit ein Sterben der Online-Shops sein. Amazon würde also seine marktbeherrschende Stellung ausnutzen, um diese noch weiter auszubauen und die Konkurrenz klein zu halten. (PS: Mit dem von heise vermuteten BGH-Urteil zu Preissuchmaschinen hat die Preisparität übrigens nichts zu tun.)
Update: Bei Internetrecht-Rostock gibt es eine juristische Bewertung der Preisparität und das Bundeskartellamt prüft, ob ein Verfahren eröffnet wird.
Update: Die Sache hat natürlich auch noch eine weitere Seite: Durch die Vorgabe der Preisparität wird auch der Wettbewerb zwischen den Verkaufsplattformen gestört. Das LG München sieht in der Preisparität eine unzulässige "wettbewerbsbeschränkende Meistbegünstigungsklausel" und hat per einstweiliger Verfügung dieses Preisinstrument für ein Teilsegment der Waren verboten.
Update, 10.11.2012: Meine Prophezeiung, dass die Preisparität vor Gericht landet hat sich bewahrheitet. Wenn auch erst nach gut 2 1/2 Jahren hat hood.de nun amazon verklagt. Wir dürfen gespannt sein. Was das Bundeskartellamt hingegen in diesen 2 1/2 Jahren gemacht hat...? Wahrscheinlich prüfen sie noch heute um dann, wenn es zu spät ist ein Duopol bei Online-Verkaufsplattformen entsetzt festzustellen. Neu wäre das nicht.
Update, 20.02.2013: Das Bundeskartellamt prüft weiter. Jetzt befragen sie endlich mal die Marketplace-Händler. Nach drei Jahren.
Update, 28.08.2013: Amazon gibt klein bei. Und verzichtet - aufgrund der Prüfung des Bundeskartellamts - auf die Preisparität. Damit will amazon einer Entscheidung des Kartellamts zuvor kommen. Wenn man bedenkt, wie - relativ - schnell dieser Rückzug nach Beginn der Befragung durch das Kartellamt geschehen ist, ist es schon bedenklich, dass eben jene Behörde drei Jahre ungenutzt verstreichen ließ. Ohne dem Ergebnis einer Prüfung vorwegzugreifen, können diese drei Jahre für viele Händler und für den Wettbewerb drei verlorene Jahre gewesen sein...
Update, 21.10.2013: Anscheinend gilt die Preisparität für Platinhändler weiterhin. Das Bundeskartellamt droht nun mit "glasklarer Verfügung."
Update, 26.11.2013: Amazon hat nun doch klein beigegeben und will es auf keine rechtliche Prüfung ankommen lassen. Die Preisparität ist ersatzlos gestrichen und das Bundeskartellamt stellt folgerichtig das Verfahren ein.