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Christopher Clarke "Die Schlafwandler - Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog"

Sachbücher rezensiere ich hier ja eigentlich nur selten - was auch daran liegen kann, dass ich sie sehr selten zur abendlichen Unterhaltung lese. Bei diesem Buch mache ich aber tatsächlich mal eine Ausnahme. Der Erste Weltkrieg interessiert mich schon seit einiger Zeit deutlich mehr als sein kriegerischer Nachfahre - was vermutlich damit zu tun hat, dass ich mich über letzteren recht gut informiert fühle, über den ersteren aber lange Zeit nur recht wenig wusste. Mich hat das gewurmt und so habe ich versucht, dieses Loch zu stopfen. Nicht ganz unerfolgreich würde ich mal meinen, doch erst mit der Lektüre dieses Buches habe ich das Gefühl wirklich umfassend informiert zu sein. Christopher Clarke zeichnet ein detailliertes und sehr genaues Bild der Ereignisse, die zum Ersten Weltkrieg führten. Entgegen anderer Meinungen sieht er weder das Deutsche Reich noch Österreich-Ungarn als die alleinigen Schuldigen, sondern zeigt vielmehr auf, dass die Interessen aller beteiligten Mächte letztendlich zu der ersten großen Katastrophe des 20. Jahrhunderts führten. Ich bin selber keine Historikerin und verfüge nicht über das Fachwissen, um ein umfassendes Urteil zu bilden, aber mein laienhafter Eindruck ist, dass seine These gut belegt ist und argumentativ überzeugt. Der Titel des Buches ist wirklich gut gewählt, Schlafwandler gleich bewegten sich die Akteure der europäischen Politik auf den Krieg zu, den eigentlich niemand wollte, aber auch niemand scheute - und von dem irgendwie auch jeder überzeugt war, ihn gewinnen zu können. Was Krieg zu dieser Zeit und mit den damals modernen Waffen wirklich bedeutete, sollte allen erst auf entsetzliche Weise vor Augen geführt werden. (Schade nur, dass keiner schlauer wurde und im Nachgang des Ersten vielfältige potenzielle Grundsteine für den Zweiten Weltkrieg legte.) Alles in allem ein absolut empfehlenswertes Buch für alle politisch und historisch Interessierten.

5
Horch und Guck: