"Effizienz ist ein Maß für ein Ergebnis unter Berücksichtigung der eingesetzten Mittel." (Wikipedia) So klar wie die Definition ist, so missverständlich wird Effizienz häufig ge- und missbraucht. Meinem Fachbereich wird z.B. häufig vorgeworfen Effizienz mit Entlassungen gleichzusetzen.
Ein weiterer gerne gemachter Angriffspunkt ist die Effizienzforderung bei umweltpolitischen Instrumenten (Steuern, Handel mit Emissionszertifikaten etc.). Hier wird "uns" Umweltökonomen häufig vorgeworfen, die Umwelt solle "verramscht" werden. Dabei bedeutet die Effizienzforderung nur, dass jenes Instrument zu wählen ist, welches einen gewünschten Emissionsstandard zu den geringsten Kosten ermöglicht. Den Kritikern gebe ich jedoch lieber eine andere (gleichbedeutende) Definition: Effizient ist jenes Instrument, welches mit den gleichen Kosten die Emissionen am stärksten senken kann, welches also für den Umweltzustand am besten ist.
Man sieht also, dass Effizienz immer (auch in anderen Fachgebieten) zwei Dinge ins Verhältnis setzt: Ertrag und Aufwand. Beides muss aber vorher spezifiziert werden und es muss vergleichbar sein, ansonsten ist die Diskussion "ineffizient". Oben hatten wir als Ertrag den Umweltstandard und als Aufwand die Kosten in Beziehung zueinander gesetzt und für alle zu vergleichenden Instrumente kann dies als Zielvorgabe herangezogen werden.
Wie misst man nun Effizienz bei der Bundeswehr? Und wie kann man diese Effizienzmaße international vergleichen? Für die Europäische Verteidigungsagentur (EDA) ist anscheinend eine Maßgröße die Anzahl der Soldaten im Auslandseinsatz, der Kriegsfall. Und dies gilt für alle von der EDA zu vergleichenden Armeen, ob sie es wollen oder nicht.
Anders gesagt, eine Armee, die nur für den Verteidigungsfall unterhalten wird, wie z.B. die Bundeswehr zu Zeiten des Eisernen Vorhangs, wäre - laut EDA - die ineffizienteste Armee der ganzen Welt. Die Ineffizienz würde gegen unendlich gehen: Null Soldaten im Ausland und mindestens Einer bewacht im Inland das Kasernentor (wenn nicht gerade Wochenende ist).
Die EDA - und die deutschen Medien mit ihrer unreflektierten Nachplapperei - werfen der Bundeswehr demnach vor, dass sie keine Einsatzarmee ist / (noch nicht) sein soll. Sie werfen der Bundeswehr vor, dass sie (noch) hauptsächlich der Landesverteidigung dienen soll und nicht im Irak und Libyen die Interessen der deutschen Autofahrer schützt.
Die Bundeswehr war darüber hinaus (und zumindest zum Zeitpunkt der Studie) noch eine Wehrpflichtigenarmee. Diese Wehrpflichtigen (solange sie nicht freiwillig den Wehrdienst verlängerten) konnten und durften jedoch überhaupt nicht in den Krieg für Volk und Vaterland ziehen. Der Effizienzvergleich hinkt also auch schon an der Tatsache, dass ein Großteil der deutschen Truppenstärke für den Auslandseinsatz aus ganz "trivialen" Gründen nicht zur Verfügung standen.
Wie würde die EDA jedoch die Effizienz messen wollen, wenn - die Hoffnung stirbt zuletzt - die Welt friedlich ohne Krisen und Kriege zusammenlebt? Oder müssen die Armeen (Staaten) dann Kriege anzetteln um ihre Effizienz nachweisen zu können? Und wie misst man die Effizienz der Soldaten im Einsatz selber? Wieviel getötete Zivilisten - die US-Amerikaner sprechen auch gerne von Kollateralschäden - auf einen getöteten Terroristen kommen?
Auch Armeen müssen sich der Effizienzfrage stellen. Entscheidend ist, dass man die "richtigen" Maßzahlen findet und diese auch sinnvoll ins Verhältnis setzen kann. Zudem muss das Effizienzmaß für alle zum Vergleich stehenden Objekte anwendbar sein. Sowohl das Effizienzmaß als auch der Vergleich der EDA hinkt allerdings an allen Ecken und Enden.
Erschreckend ist jedoch nicht nur die Studie der EDA - Studien kann schließlich jeder machen -, sondern dass die deutschen Medien dies einfach unkritisch wiederplappern. Eine Nullmeldung ist besser als keine Meldung. Effizienz bei den deutschen Medien heißt mit möglichst wenig Mitarbeitern (von Journalisten kann man schon gar nicht mehr sprechen) möglichst viele Zeilen vollzudrucken (Buchstaben reichen, Sätze würden nur die Effizienz gefährden).
Zur Klarstellung: Ich halte die Bundeswehr für ineffizient das es kracht. Von mir aus kann sie auch ruhig komplett abgeschafft werden. Äpfel mit Birnen kann man aber per se nicht vergleichen.
Eine (zynische) Randbemerkung zur Effizienzdefinition der EDA: Demnach wäre das letzte Aufgebot Hitlerdeutschlands hocheffizient gewesen.
Nachtrag: Angesichts der 50 Personen (35 Soldaten und 15 zivile Mitarbeiter) an der Heimatfront hinter jedem Soldaten im Einsatz, ist die Kostenstruktur der Bundeswehr ja nahezu hocheffizient. Obwohl 5 bzw. 3,8 mal soviele Personen an der Heimatfront werkeln als in Frankreich (10) bzw. Großbritannien (13) kostet ein Soldat im Einsatz "nur" das 3,9 bzw. 2,8 fache gegenüber einem französischen bzw. britischen Krieger.