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Schon für den Volksempfänger GEZahlt? [Update]

Ich wurde noch beauftragt etwas zur GEZ-Reform zu schreiben :-) Nein, hatte ich eh vor, nur genauso wie beim Leuchtturm-Casting durch Mutti kam ich in letzter Zeit nicht dazu. Die Story ist schnell erzählt und wohl auch allseits bekannt: ARD und ZDF haben sich vom Ex-Verfassungsrichter und "Professor aus Heidelberg" Paul Kirchhof ein Gutachten zur Reform der GEZ-Gebühr zusammenschustern lassen. Zur Ehrenrettung von Kirchhof muss man wohl dazu sagen, dass es in dem Gutachten (lediglich?) darum ging, ob die Haushaltsabgabe verfassungsrechtlich durchsetzbar ist. Dies dann so zu puschen, dass es so gleich von den Ministerpräsidenten durchgewunken wurde, muss als hervorragender PR Erfolg eingeordnet werden.

Kritik an der Haushaltsabgabe regnete es so schnell, wie sie publik war. Sicher nicht zu unrecht. Ich persönlich finde die Idee einer Haushaltsabgabe nicht schlecht. Ich kann mich sogar richtig dafür begeistern. Halt! Ruhig bleiben, das Aber kommt schon noch: Aber - wie so oft - mangelt es an der gescheiten Umsetzung. Mich wundert, dass der "Professor aus Heidelberg" sich für so was hergibt. Er hatte doch mal für Mutti die FDP-Steuer erklärt: einfach, gerecht und niedrig.

Die Haushaltsabgabe versucht nicht das Legitimationsproblem der öffentlich-rechtlichen Ausstrahlungen zu beseitigen. Es wird als gegeben akzeptiert und nun zementiert: Es wird festgestellt, dass der Empfang der ÖR-Sender längst nicht mehr über die herkömmlichen Radio- und TV-Geräte geschieht, die Realität sei die, dass die ÖR auch über den PC empfangen werden. Dabei übersieht man hier, dass die ÖR nicht gezwungen werden, ihr Programm als Live-Stream ins Netz zu stellen. Ein internetfähiger PC dient nicht dem Empfang ÖR Programme, er wäre dazu nicht mal in der Lage, würden die ÖR ihre Sendungsleistung nicht dahin ausstrahlen. Wenn die ARD Lautsprecher auf den Google Street-View-Wagen installieren würde und die Welt mit wdr5 beschallen würde, könnten wir dann auch Franzosen und Amis zur Finanzierung des ÖR Rundfunks heranziehen? Die Logik wäre zumindest die selbe.

Und dabei scheinen die ÖR noch nicht einmal für das Internet-TV gerüstet zu sein. Oder hat jemand mal probiert die WM Spiele im Live-Stream zu sehen? Oder das 2. Halbfinale beim Grand Prix? Teilweise wird aber auch gar kein Stream angeboten. Internet-PC-Besitzer müssen also für etwas bezahlen, was sie gar nicht nutzen können, selbst wenn sie wollten.

Konsequent wäre es demnach gewesen, wenn mit der Haushaltsabgabe auch die Internetaktivitäten der ÖR legitimiert worden wären. Dazu zählt natürlich auch die Rücknahme der Beschlüsse des 12. Rundfunkstaatsvertrages, die zu irrwitzigen Löschaktionen in letzter Zeit geführt haben.

Die Haushaltsabgabe ist eine Erhöhung der Gebühren - über die Hintertür. Die Bemessungsgrundlage wird vergrößert, der Betrag bleibt gleich. Mit der Haushaltsabgabe hätten auch die Gebühren neu justiert werden müssen. So führt dies zu einem unverhofften Geldsegen und einer Gebührenerhöhung durch die Hintertür. Zu einem sparsamen Umgang mit den Gebührengeldern führt dies nicht. Der ineffiziente Moloch wird gefestigt. - Eine ökonomische Analyse der Haushaltsabgabe gibt es übrigens im M-Blog durch Ralf Dewenter (auch wenn ich seine Effizienzanalyse zumindest im Bezug auf ein ÖR-Pay-TV nicht stütze).

Hier hätte zunächst geprüft werden müssen, was zum ÖR Auftrag gehören sollte und welche Aktivitäten und Spirenzchen abseits dieses Auftrages von den Gebührenzahlern zu tragen sind. ARD und ZDF bedanken sich z.B. bei uns Gebührenzahlern mit der PR, dass nur durch uns alle Spiele der WM Live und unverschlüsselt empfangen werden können. Tatsächlich? Wären die Privaten nicht bereit gewesen (alle) Spiele der WM zu zeigen? Zeigt nicht RTL Spiele der WM? Auch ohne deutsche Beteiligung? Aber in der Tat, für die Preise, die ARD und ZDF bereit waren - dank der üppig sprudelnden GEZ-Gelder - zu zahlen, wären die privaten Fernsehanstalten nicht bereit gewesen die WM zu übertragen. Weil sie nicht refinanzierbar gewesen wären.

Ist das aber ein ÖR Informationsauftrag? Ist die Finanzierung des Schweizer Sepp Blatter Aufgabe der deutschen GEZ-Zahler? Gehört es zum ÖR Auftrag die Bundesliga in der ARD Sportschau zeigen zu müssen? Waren nicht auch alle Spiele bei SAT.1 Ran zu sehen? Unverschlüsselt? Gehört es zum ÖR Auftrag Grabschpuppen für Thommy Gottschalck auf's "Wetten Dass...?" Sofa zu holen? Vor allem aber: Ist das noch Qualitätsprogramm?

Mit der Haushaltsabgabe könnte auch der GEZ-Wasserkopf abgeschafft werden. Die hohen Verwaltungskosten bei der GEZ. Aber diese muss nun wohl untersuchen, was als Haushalt gilt - wie sieht es z.B. mit Wohngemeinschaften aus? - und welche Betriebe, Gewerbetreibende und Freiberufler unter die Abgabenpflicht fallen. Hiermit schafft man einen neuen Grund für einen teuren Verwaltungsapparat. Und man schafft zusätzliche Ungerechtigkeiten durch eine Doppelbesteuerung. Warum sollen Betriebe nochmals zahlen? Jeder in einem Unternehmen, ob Chef oder Mitarbeiter ist Teil irgendeines Haushalts und zahlt damit bereits Rundfunkgebühren. Er (sie) kann sich mit der Haushaltsabgabe gar nicht mehr aus der Zahlungsverpflichtung in den Betrieb stehlen. Dies hätte der Steuerrechtler und Professor aus Heidelberg erkennen müssen.

Zusätzlich (wo wir gerade dabei sind) könnten die enormen Transaktionskosten bei den (potentiellen) Gebührenzahlern fallen. Die unnötigen Ummeldungen und Abmeldungen bei WGs und Lebensgemeinschaften können entfallen. Auch dies sind volkswirtschaftliche Kosten, die durch die Haushaltsabgabe entfallen. Und dies ist ein weiterer Grund, weshalb ich für diese bin (mit den obigen und untigen Einschränkungen).

Zu guter Letzt hätte ich mir eine Ausweitung der GEZ-Gebühr über die Haushaltsabgabe zu einer Kulturflatrate gewünscht. Hiermit hätte man die Akzeptanz auch für die ÖR-Gebühren erhöht. Gleichzeitig könnte man die Inhalte der von uns eh bezahlten ÖR als Public Domain oder zumindest unter CC stellen. Letzteres sollte allerdings auch ohne Kulturflatrate geschehen.

Fazit: Die Haushaltsabgabe ist eine gute Idee, allerdings lässt die Umsetzung mehr als zu wünschen übrig. Die Defizite und Ineffizienzen des alten GEZ-Systems werden nicht beseitigt sondern manifestiert. Anstatt der Ursachen des Problems Herr zu werden - die Ausgabenseite - wird die Einnahmenseite vergrößert. Gute Idee, schlechte Ausführung. Mit der Haushaltsabgabe könnte wirklich das Ziel "einfach, gerecht und niedrig" verfolgt werden. So gelingt dies aber nicht.

Update, 06.01.2011: Die neue ARD-Vorsitzende Piel hat via Frankfurter Rundschau dem Gebührenzahler nocheinmal verklickert, warum dass mit der Haushaltsabgabe und der fehlenden Reform des ÖR-Rundfunks eine Schnapsidee war. Stefan Niggemeier hat das schon mal seziert, da kann ich mir einen Kommentar sparen und mich lieber anschließen.

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