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Borussia Dortmund vs. FC St. Pauli am 19.02.2011

So, nach dem sowohl sportlich als auch erlebnistechnisch eher unerfreulichen Besuch auf Schalke, hatten wir nun beschlossen gemeinsam mit dem magischen FC auch dem schwarz-gelben Erzrivalen einen Besuch abzustatten. Hoffnungen auf einen Sieg hatte ich ja eher wenige (über ein Unentschieden wäre ich schon froh gewesen), wir wollten hauptsächlich mal die Stimmung im vollen Signal-Iduna-Park miterleben, vor allem die berühmte "schwarz-gelbe Wand" der BVB-Fans:

Die Anreise war soweit okay, wir verzichteten auf die U-Bahn, die uns recht voll vorkam und erwischten eine Regionalbahn, in der man einigermaßen bequem stehen und atmen konnte. Der Weg zu unseren Plätzen war das übliche Gesuche (Warum sollte man Schilder aufstellen? Die Heimfans wissen ja, wo es langgeht und die Gäste sollen halt dumm sterben - scheint irgendwie überall das Motto zu sein.). Dank eines netten Ordners fanden wir dann doch noch unseren Eingang und standen dort erstmal in einer etwas unsortierten Schlange. Nach einer guten halben Stunde waren wir aber endlich im Stadion.

Hier sah alles zunächst gut aus: Wir fanden direkt in unseren Block, alles sehr sortiert und professionell. Im Block selbst die erste ungute Überraschung: Es war voll, allerdings in einem Ausmaß, dass es noch erträglich wirkte. Hochgehen in den eigentlichen Stehplatzbereich konnten wir schon nicht mehr, daher blieben wir vor einer Absperrung stehen und dachten, dass es hier ja ganz okay sei. Dieser Eindruck hielt etwa fünf Minuten an. Dann drängten immer mehr Pauli-Fans in den Block, es wurde voll und voller. Auf den Rängen standen die Fans auf allen Treppen (die ja eigentlich als Fluchtwege freigehalten werden müssen) und auch bei uns wurde es immer voller. Die Absperrung, vor der wir standen, erwies sich als nur noch bedingt gute Idee: Maik fand sie hilfreich um dem Druck von hinten zu begegnen, ich bemerkte, wie ich immer unruhiger wurde, weil ich gegen die Metallstange gepresst wurde. Als der Druck zunahm und ich feststellte, dass auch noch die beiden Ordner, die vorher neben uns standen, verschwunden waren, wurde es mir zuviel: Ich wurde richtiggehend panisch (ja, ich stehe dazu) und es gelang mir irgendwie mich aus der Menge wieder rauszudrängen. Ich vertrete ja eine recht pragmatische Einstellung in Bezug auf das Verhalten in Menschenmassen: Wenn die Ratten das sinkende Schiff verlassen (nein, ist keine Beleidigung der Ordner, ich halte Ratten für sehr intelligente Tiere), dann schließe ich mich sofort den Ratten an.

Danach fand ich einen Platz weiter oben im Eingangsbereich, kurz vor der Stelle, wo die Ordner (hier waren die also hin) kontrollierten, ob man auch die richtige Karte für den Block hatte, in den man rein wollte. Vom Spiel sehen konnte ich nun kaum mehr was (nur noch die Szenen vor einem Tor), aber immerhin besser als auf Schalke. Trotzdem entschied ich mich dann irgendwann Radio zu hören und die Ligakonferenz zu verfolgen. Daher kann ich zum Spiel nix sagen außer, dass wir 2:0 verloren haben, offenbar verdient. Eventuell kann Maik mehr dazu sagen.

Was ich allerdings noch loswerden muss, ist die Konversation mit einem der Block-Ordner, die ich gemeinsam mit einem anderen Pauli-Fan führte. Nachdem ich mitbekam, wie sich mehrere Paulianer über die Überfüllung im Block beschwerten und anmerkten, dass das doch nicht sein könnte, so viele Leute, da müsse doch was schiefgelaufen sein, rückte ich mal näher, um die Gespräche zu verfolgen. Hier eine Zusammenfassung als Gedächtnisprotokoll (erhebt keinen Anspruch auf wortwörtliche Wiedergabe):

Überrascht, um nicht zu sagen entsetzt hat mich die immer gleiche Antwort des Ordners, wir - die Paulianer - seien selbst Schuld daran, dass es so voll war. Als ich dann nachfragte, mit dem Hinweis, ich hätte meine Karte ordnungsgemäß bei Pauli gekauft und die bekämen doch die Karten in entsprechender Anzahl vom BVB, wurden mir drei Gründe näher erläutert, die ich unkommentiert stehen ließ, hier aber einmal diskutieren möchte:

  1. "Ihr habt Karten getauscht!" - In der Form kann diese Aussage nicht zu viele Menschen im Gästeblock erklären. Wenn ich tausche, gebe ich meine Karte ab und bekomme dafür eine andere. Ergebnis hätte also sein müssen: Es sind jetzt Leute in dem Block, die ursprünglich nicht hin sollten, dafür müssen aber auch Leute, die da eigentlich Karten für hatten, nun in einem anderen Block stehen. Somit hätte es dadurch nicht zu zuvielen Personen in einem Bereich kommen können.
    Was der Ordner vermutlich meinte, war, dass Leute, die schon im Block drin waren, ihre Karten an andere weitergegeben haben, die dann zusätzlich rein kamen. Da frage ich mich aber, ob das nicht der Job der Ordner des BVB wäre, dafür zu sorgen, dass das nicht passieren kann (Trennvorrichtungen zwischen einzelnen Blöcken). Zum anderen hätte dann ja ein anderer Bereich leerer sein müssen - und man hätte uns notfalls halt spontan umverteilen können/müssen (sprich: Alles was im Bereich der Zu- und Abgänge in Block 61 steht, muss jetzt eben rüber in Block 60, da da noch Platz ist). Ich bin ja in den anderen Block nicht reingekommen (hatte da ja keine Karte für), aber ich konnte reinschauen: Der war genauso voll. Das mit dem Tauschen kann also nicht sein, sorry. 
  2. "Da sind so viele Leute mit Fan-Betreuer-Karten zusätzlich gekommen und die bringen auch alle noch Leute mit." - Auch hier sehe ich nicht die Schuld der Pauli-Fans oder unseres Vereins. Wenn ich weiß, dass bei einem Spiel viele Gäste-Fans mitkommen werden, muss ich als Veranstalter (das ist der BVB ja in diesem Falle) meiner Verantwortung nachkommen und solche Vorgänge reglementieren. Sprich: Ich muss vorher klarstellen, dass entweder nur eine bestimmte Anzahl von Fan-Betreuern mitkommen kann oder dies komplett verbieten. Auch bezüglich der Anzahl von Begleitpersonen, die ein Fan-Betreuer mitbringen darf, kann ich doch vorher klare Aussagen machen (z.B. max. zwei Begleitpersonen). Oder ich weise vorher daraufhin, dass Fan-Betreuer rein können, dies aber von der aktuellen Situation vor Ort abhängt und erst die Fans reinkommen, die reguläre Karten haben und wenn dann noch genug Platz ist die zusätzlichen Betreuer mit Begleitung (sicherlich die schlechteste Lösung). Hier hätte der BVB als Hausherr klare Aussagen treffen können, nein müssen. Außerdem muss auch für zusätzliche Plätze, die nicht in den Verkauf gehen - z.B. Betreuer - ein Puffer reserviert werden und dieser Puffer ist eben nicht unbegrenzt dehnbar.
  3. "Ihr hört ja nicht auf uns." - Das war der Satz, wo mir bald schlecht wurde. Angeblich würden die Paulianer einfach in den Block gehen, auch wenn sie keine Karten für diesen hätten. Kann man seine eigene Unfähigkeit noch deutlicher ausdrücken? Wofür sind die Ordner denn da? Dann können wir uns die ja gleich sparen. Also wirklich, so einen Bullshit aus dem Mund eines erwachsenen Mannes zu hören, war echt die Krönung. Es ist doch ihr Job, dann einzugreifen und zu sagen: "So nicht Leute, sorry, aber Ihr habt Karten für einen bestimmten Bereich und das ist nicht dieser hier. Bitte geht zu Euren Plätzen." Das ist ja fasst so, als wenn ich beim Security-Check vor dem Flieger jemanden mit Sprengstoff finde, ihm sage, gib den ab, der/ die das verweigert und ich anschließend - nachdem das Flugzeug in die Luft gesprengt wurde - sage: er/sie hat nicht auf mich gehört. (Ist ein bisschen extrem das Beispiel, aber ich denke, es wird deutlich, was ich meine.)

Mir ist ebenso wie bei Schalke unklar, wie es zu solchen Zuständen im Gäste-Fan-Block kommen kann. Das muss dringend abgestellt werden. Ich dachte eigentlich die Vorgänge damals in Brüssel oder in Sheffield hätten gezeigt, wie gefährlich sowas ist (von der Loveparade letztes Jahr in Duisburg mal gar nicht zu sprechen). Muss denn erst was passieren, damit die Vereine und die DFL/ der DFB aufwachen und da einen Riegel vorschieben? Ich gehe zum Fußball, weil ich Spaß haben will, ein gutes Spiel sehen möchte... nicht, um da Angst zu haben. Wir haben gestern beschlossen, dass das letzte Mal war, dass wir zu einem Erstligaspiel gegangen sind. Interessant eigentlich nur, dass einige Vereine in der zweiten Liga ihre Stadionkapazitäten besser im Griff habe. Wir waren bspw. mal in Aachen: Das Spiel war ausverkauft, es war also voll. Aber das war es auch schon: Es war voll und ein wenig kuschelig, aber nicht so beängstigend. Alle Fluchtwege im Stadion waren frei und die Ordner in Aachen achteten auch darauf und wiesen ggf. freundlich, aber bestimmt darauf hin, dass man hier nicht stehenbleiben könnte und wo noch freier Platz war. Das hat funktioniert. Die Aachener wussten offenbar, wie viele Leute sie in den Gästebereich bekommen. Schade, dass manche Erstliga-Klubs da hinterher hinken. Es stellt sich die Frage, ob hier wirtschaftliche Interessen (möglichst viele Karten verkaufen, um hohe Einnahmen zu erzielen) über die Sicherheit der Fans (sind ja nur Gästefans, also nicht die eigenen) gestellt werden. Ich möchte das niemandem unterstellen, aber meine Erfahrungen sorgen einfach dafür, dass sich entsprechende Gedanken aufdrängen.

Maiks zweite Meinung: Da ich wenigstens etwas sehen konnte, kann ich auch etwas zum Elend Spiel sagen. Oder besser nicht. (Wären wir mal lieber nach Duisburg zum Gastspiel des 1. FC Wundervoll gefahren :-) ) Torchancen von Pauli gab es im Prinzip keine (3). Erschreckend (aus Pauli-Sicht eher zum Glück) eigentlich eher, dass die schwatz-gelben ihre Chancen so kläglich vergeigten. St. Pauli muss froh sein, dass die Niederlage nicht höher ausfiel. Enttäuschend war die Einstellung der Boys in brown. Die Miene von Torwart Kessler zeigte schon zu Beginn der zweiten Hälfte nur Leere und keinen Kampfgeist, die Niederlage war da - noch bei einem Stand von 1:0 - bereits abgehakt.

Die Schwarz-Gelbe Wand war von der Nordtribüne nun nicht so beeindruckend. Schön aber irgendwie habe ich bei schwarz-gelber Wand mehr erwartet - auch akustisch. Damit man auf der Gegenseite die Stimmung mitbekommt, wurde da auch extra ein Dezibellometer hingesetzt, der die Lautstärke anzeigte.

Zur Überfüllung des Pauli-Blocks: Ich bin nicht gerade zimperlich und stehe auch Gequetsche durch. Allerdings sind die Zustände bei der Borussia (als auch bei Schalke) nicht mehr hinnehmbar. Wenn man mehr damit beschäftigt ist nicht durch die Gegend geschoben oder zusammengeschoben zu werden als das Treiben auf dem Rasen zu begutachten, macht das Ganze keinen Spaß mehr.

Abseits von dem persönlichen (Miss)Befinden möchte ich allerdings noch einmal den Sicherheitsaspekt hervorheben. Tanja hat ja schon erwähnt, dass bspw. die Aachener Alemannia (damals noch am alten Tivoli) es schaffte einen ausverkauften Block zu regulieren. Auch da war es kuschelig im Block, aber wenigstens die Fluchtwege blieben frei und die Ordner waren auch in der Lage die anscheinend nicht zuhörenden St. Pauli Fans von den Fluchtwegen fernzuhalten. Sowohl beim BVB als auch bei Schalke - Fehlanzeige. Bei Schalke habe ich es noch versäumt "Beweisphotos" zu machen, diesmal hatte ich eh die Kamera dabei.

Zu sehen ist beispielsweise der proppevolle Block 61 der St. Pauli Fans. So einen vollen Block wird man nicht zum ersten Mal sehen, allerdings sollte rechts vom gelben Zaun ein ein Meter breiter Bereich für die Zu- und Abgänge frei sein.

Auch da wo (zunächst wir, dann) ich stand, direkt vor dem Trenngitter zum Block/Bereich 8 hätte eigentlich ein freier Gang quer rüber sein müssen. Der Zugang zum Block 8 wurde zunächst noch von den Ordnern - die Tanja oben schon erwähnte - versperrt. Wir wollten zunächst dort runter, weil nicht erkennbar war, dass dort ein Bereich war, der nicht zum Block 61 gehörte. Die beiden Ordner dort ließen uns nicht durch. Keine zwei Minuten später verdünnisierten die sich dann und es konnte doch alle in den unteren Bereich stürmen. Die Taktik habe ich nicht ganz verstanden. Soweit ich das mitbekommen hatte sollten dort Kinder und Kranke bzw. Behinderte untergebracht werden. Zumindest die mit Krücken konnten nachher auch ohne stehen. Ein Wunder!

Auch der Bereich hinter mir, der Zugang zum Block 61 hätte frei sein müssen! Eigentlich. Man sieht auch wieder den "freien" Bereich neben dem gelben Geländer.

 

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