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Rachel Joyce "Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry"

Harold Fry und seine Frau Maureen leben in einem typischen, südenglischen Kleinstadtidyll mit Reihenhäuschen und kleinen Gärten. Doch ihr Alltag ist alles andere als idyllisch. Harold und Maureen leben mehr aneinander vorbei als miteinander, zu sagen haben sie sich schon lange nichts mehr und auch Sohn David lässt sich nicht mehr sehen, nur Maureen unterhält sich noch öfter mit ihm. Das alles ändert sich an dem Tag, als Harold Post von einer ehemaligen Kollegin, Queenie Hennessy bekommt, die in einem Hospiz in Schottland im Sterben liegt. Zunächst will Harold nur seine Antwort in den Briefkasten werfen, doch dann beschließt er, angeregt durch eine junge Verkäuferin in einer Tankstelle, zu Queenie nach Schottland zu laufen. Was zunächst wie eine reichliche Schnapsidee wirkt, wird für Harold bald zu einer modernen Pilgerreise ohne religiösen Hintergrund. Denn Harold läuft nicht mehr nur, um Queenie zu retten, wie er zunächst glaubt, sondern auch, um sein eigenes Lebens, das er auf dem Weg Revue passieren lässt. Um seine verpassten Chancen und die Fehler, die er gemacht hat. Seine Reise verändert jedoch nicht nur ihn, sondern auch die Menschen, denen er begegnet - und vor allem Maureen...

Um es zusammenzufassen: Ein einfach nur schönes Buch. Herrlich unaufgeregt und mit einer dazu passenden, leicht poetischen, aber nie übertriebenen Sprache erzählt. Trotz aller seiner Fehler muss man Harold nahezu von Anfang an gern haben und wünscht ihm das ganze Buch über, dass er seine Pilgerreise erfolgreich beenden wird. Es ist nicht gerade eine Geschichte, in der auf der äußerlichen Ebene viel passiert. Zentral ist das Innenleben, die charakterliche Weiterentwicklung der Figuren. Ob man will oder nicht, Harold Fry lässt einen nachdenken und es bleibt ein Eindruck des Buches, nachdem man es aus der Hand gelegt hat. (Auch wenn ich garantiert nicht in Segelschuhen nach Schottland laufen werde.)

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Horch und Guck: